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Wednesday, 27.03.2024

Stadtrat verschärft Zweckentfremdungssatzung

Stadtrat verschärft Zweckentfremdungssatzung

-jahrzehntelange Praxis wird geändert-

 

Die Vollversammlung des Stadtrates hat am 2. Oktober 2019 die Satzung zur Änderung der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) beschlossen.

Damit verschärft die Stadt ihre Waffe im Kampf um bezahlbaren Wohnraum zum 1. Januar 2020.

 

Eigentümer, die bisher bestehenden Miet-Wohnraum beseitigten, konnten diesen im Bereich der Landeshauptstadt München durch (Eigentums-) oder Miet-Wohnraum ersetzen.

 

Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) begründete ihre Stadtratsvorlage damit, „dass bei Abbruch von Mietshäusern bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird und bei Neuvermietungen immer höhere Mieten verlangt werden. Der Verlust von günstigem Wohnraum in Innenstadtlagen verändert Zug um Zug ganze Viertel. Der neu entstehende hochpreisige und luxuriöse Wohnraum im Rahmen von Eigentumswohnungen kommt mittlerweile nur noch sehr wenigen Bevölkerungsschichten zu Gute. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, ehemaligen Mietwohnraum nach Abbruch eines Hauses auch wieder als bezahlbaren Mietwohnraum in gleicher Wohnlage anzubieten. Ein bloßer Abriss von Wohngebäuden in beliebten Innenstadtlagen und die Schaffung von Ersatzwohnraum in Stadtrandlagen ist mit den neuen Regelungen grundsätzlich nicht mehr möglich.“

 

In Erhaltungsatzungsgebieten muss der Ersatzwohnraum im gleichen Erhaltungssatzungsgebiet erstellt werden.

 

„Die Verschärfung der Zweckentfremdungssatzung hat nunmehr folgende Inhalte: *)

 

Lage des künftigen Ersatzwohnraumes

Der Ersatzwohnraum wird im Gebiet der Landeshauptstadt München geschaffen. Er ist dabei in der Regel in demselben Stadtbezirk wie der zweckzuentfremdende Wohnraum oder in vergleichbarer Nähe zum zweckzuentfremdenden Wohnraum zu schaffen.

 

Qualität des künftigen Ersatzwohnraumes

Der Ersatzwohnraum steht dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zur Verfügung wie vorher der zweckentfremdete Wohnraum. Vermieteter Wohnraum darf nur durch Mietwohnraum ersetzt werden. Die Miethöhe hat sich dabei an der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem jeweils gültigen Mietspiegel zu orientieren. Diese Bindung gilt für 10 Jahre.

Familiengerechter Wohnraum ist darf nur durch ebensolchen ersetzt werden.

 

Baugebot bei leerstehendem Wohnraum

Leerstehender Wohnraum unterliegt grundsätzlich der Zweckentfremdungssatzung. Dass Wohnraum wieder zu Wohnzwecken genutzt werden muss und nicht leer stehen darf, kann durch eine Wiederbelegungsanordnung im Vollzug der Zweckentfremdungssatzung (ZeS) angeordnet werden.

 

Leerstehender Wohnraum, der die Voraussetzungen für ein sogenanntes Negativattest nach § 10 ZeS erfüllt, unterliegt nicht mehr der Zweckentfremdungssatzung.

 

Ein Negativattest wird beispielsweise ausgestellt, wenn dauerndes Bewohnen unzulässig oder unzumutbar ist, weil der Raum einen schweren Mangel bzw. Missstand aufweist oder unerträglichen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist und die Wiederbewohnbarkeit nicht mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand wiederhergestellt werden kann. Dies ist stets der Fall, wenn die aufzuwendenden Mittel nicht innerhalb eines Zeitraumes von

10 Jahren durch entsprechende Erträge ausgeglichen werden können oder die Kosten des Abbruchs zuzüglich der Neuerrichtung die eines vergleichbaren Gebäudes erreichen

(§ 3 Abs. 3 Nr. 5 ZeS).

 

Ein Baugebot ist aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes nur durch oder auf der Grundlage eines formellen Gesetzes zulässig. Eine solche Grundlage ist im Gesetz über die Zweckentfremdung von Wohnraum jedoch nicht enthalten und kann damit nicht in die Zweckentfremdungssatzung aufgenommen werden

Im Übrigen kommt ein Baugebot überhaupt nur bei solchen Gebäuden in Frage, die kein Wohnraum mehr sind und somit auch nicht der Zweckentfremdungssatzung unterliegen.“

 

Da die beschlossene Verschärfung der Zweckentfremdungssatzung einen Paradigmenwechsel darstellt, der sich auf die Rendite von Bauvorhaben und damit auch auf die Finanzierung der Ersatzwohnbauten auswirkt, soll die Änderung der Satzung erst zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.

 

Da mit dieser Verschärfung juristisches Neuland betreten wird, bleibt abzuwarten ob die Satzungsänderung einer rechtlichen Überprüfung standhält.

 

 

*) Quelle: Landeshauptstadt München

 

Autor
Erika Schindecker
Gesellschaft für Organisation, Vorbereitung und Betreuung von Bauobjekten mbH
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