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Friday, 19.04.2024

Sanierungsgebiete

Die Sanierung von Altstadtgebieten gewinnt zunehmend an Bedeutung, und damit auch das besondere Städtebaurecht, festgeschrieben in den §§ 136 ff. des Baugesetzbuches (BauGB).

Dadurch ist ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur Baugenehmigung zu überwinden, wenn ein Bauvorhaben in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegt.

Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen gem. § 136 Abs. 2 BauGB sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet in Stadt und Land zur Behebung städtebaulicher Mißstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. 

Als städtebauliche Mißstände können bezeichnet werden:

  • unzureichende Belichtung, Besonnung und Belüftung von Wohnungen und Arbeitsstätten
  • unzureichende Sicherheitsverhältnisse für die in einem Gebiet wohnenden und arbeitenden Menschen
  • schlechte bauliche Beschaffenheit von Gebäuden, Wohnungen und Arbeitsstätten
  • unzureichende Zugänglichkeit von Grundstücken
  • unverträgliche Mischung von Wohn- und Arbeitsstätten
  • Nutzung von bebauten und unbebauten Flächen nach Art, Maß und Zustand
  • Emissionen, Immissionen, d.h. die Ausstrahlung schädlicher Umwelteinflüsse (Gase, Rauch etc.) bzw. die Einwirkung von Verunreinigungen oder Lärm o.Ä. auf Lebewesen
  • ungenügende infrastrukturelle Ausstattung des Gebietes, (Grün-, Spiel- Sportflächen und Anlagen des Gemeinbedarfs)
  • ungenügende Erschließung
  • mangelnde Funktionsfähigkeit eines Gebietes in Bezug auf
  • den fließenden und ruhenden Verkehr,
  • eingeschränkte wirtschaftliche Entwicklungsfähigkeit eines Gebietes.

Eine Sanierung soll mit den Eigentümern, Mietern, Pächtern und sonstigen Betroffenen möglichst frühzeitig erörtert werden. Beratung der Betroffenen ist eine der wichtigsten Aufgaben des Sanierungsträgers, da hieraus eine Mitwirkung der Betroffenen an der Sanierung resultieren kann.

Die Vorbereitung der Sanierung erfordert eine umfangreiche Faktensammlung über Grundstücke, Besitzverhältnisse, Nutzungen, auch personenbezogenen Daten über persönliche Lebensumstände im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, namentlich über Berufs-, Erwerbs- und Familienverhältnisse, Lebensalter, Wohnbedürfnisse, soziale Verflechtungen etc..

Die Erhebungsbeauftragten werden hier wohl nicht immer mit offenen Armen empfangen werden, insbesondere wenn es um personenbezogene Daten geht wird man ihnen dann mit erheblichem Mißtrauen begegnen, wenn bekannt ist, daß nach Maßgabe von § 138 Abs. 2 Satz 4 BauGB die erhobenen Daten an die Finanzbehörden weitergegeben werden dürfen, wenn diese Daten für die Besteuerung erforderlich sind.

Für die Verweigerung einer Auskunft hat der Gesetzgeber in § 138 Abs.4 BauGB auf § 208 Satz 2 - 4 BauGB verwiesen, wonach ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu DM 1000,-- angedroht und festgesetzt werden kann, auch mehrfach!

Auch aus diesen Gründen ist eine vollständig offene und überzeugende Aufklärung über Sanierungszweck und -ziel mit begleitender Beratung von besonderer Wichtigkeit.

Eine Einflußnahme auf künftige Festsetzungen im Sanierungsbereich ist in der Verfahrensphase "Beteiligung und Mitwirkung der Betroffenen" - § 137 BauGB - möglich, wenn den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.

Ist ein Gebiet bereits als Sanierungsgebiet förmlich festgelegt und besteht damit gesonderte Genehmigungspflicht gemäß § 144 BauGB, bleibt es dem Geschick des Antragstellers überlassen, das Vorhaben so darzustellen, zu erläutern und überzeugend zu begründen, daß eine wesentliche Erschwernis der Sanierung nicht unterstellt werden kann.

Bei Versagung der Genehmigung hat der Eigentümer gem. § 145 Abs. 5 Satz 5 i.V.m. §§ 43 und 44 BauGB einen Übernahmeanspruch für das Grundstück gegenüber der Gemeinde, wenn und soweit es ihm mit Rücksicht auf die Durchführung der Sanierung wirtschaftlich nicht zumutbar ist, das Grundstück zu behalten oder es in der bisherigen oder einer anderen Art zu nutzen. Ersatzweise für die Übernahme des Grundstückes durch die Gemeinde kann die Entschädigung in Geld erfolgen.

Die Vorbereitung der Sanierung und die Durchführung vorbereitender Untersuchungen ist Aufgabe der Gemeinde (§§ 140-141 BauGB), die dann das Sanierungsgebiet durch Beschluß förmlich festlegt und diese förmliche Festlegung als Satzung beschließt und sie ortsüblich bekannt macht, womit die Sanierungssatzung rechtsverbindlich wird und im Baugenehmigungsverfahren wirkt.

Im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet bedürfen gem. § 144 BauGB der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde u. a. die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen, für die eine bauaufsichtliche Genehmigung erforderlich ist oder die der Anzeigepflicht unterliegen, 

die Teilung eines Grundstückes,

die Veräußerung eines Grundstückes und 

die Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechtes, 

die Begründung, Änderung oder Aufhebung einer Baulast.

Über die Genehmigung nach Maßgabe von § 145 Abs.1 Satz 1 BauGB ist innerhalb eines Monats ab Antragseingang bei der Gemeinde zu entscheiden, wobei diese Frist im Bedarfsfall d.h., wenn die Prüfung des Antrages in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden kann, um den Zeitraum verlängert werden kann, der notwendig ist, um die Prüfung abzuschließen. Die Verlängerung darf maximal 3 Monate betragen und ist dem Antragssteller vor Ablauf der ersten Ein-Monats-Frist in einem Zwischenbericht mitzuteilen.

Die Entscheidungsfrist für eine Genehmigung im Geltungsbereich einer rechtsverbindlichen Sanierungssatzung wurde von bisher 3 Monaten auf 1 Monat reduziert, was erhebliche Auswirkungen auf das sanierungsrechtliche Genehmigungsverfahren hat. Da eine voll verantwortliche Bearbeitung in der seit 01.01.98 geltenden Monatsfrist kaum möglich ist, wird man regelmäßig mit der Inanspruchnahme der gem. §145 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 19 Abs.3 Satz 3 und 4 BauGB eingeräumten Verlängerungsmöglichkeit rechnen müssen, so daß obligatorisch eine Laufzeit von 4 Monaten die Regel sein wird.

Bauanträge in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten müssen der Sanierungssatzung und dem ggf. als Satzungsbestandteil beigefügten Sanierungsbebauungsplan entsprechen und dürfen die Durchführung der Sanierung weder unmöglich machen oder wesentlich erschweren, noch den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen.

In § 145 Abs. 4 Satz 3 BauGB ist klargestellt, daß die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung vom Abschluß eines städtebaulichen Vertrages abhängig gemacht werden kann, wenn dadurch Versagungsgründe ausgeräumt werden.

§ 144 Abs. 4 Nr. 2 BauGB legt fest, daß nur Rechtsvorgänge zur Vorwegnahme der gesetz-lichen Erbfolge keiner Genehmingung bedürfen.

Durchführung von Ordnungsmaßnahmen 


Bisher war die Durchführung von Ordnungsmaßnahmen aufgrund eines Vertrages in § 147 Abs. 2 BauGB geregelt.

Diese Bestimmung wurde durch § 146 Abs. 3 BauGB ersetzt, wobei nunmehr auch die Errichtung oder Änderung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen i. S. v. § 148 Abs. 2 Satz 1 
Nr. 3 BauGB aufgrund eines Vertrages den Eigentümern überlassen werden kann.

Die Durchführung von Baumaßnahmen (§ 148 BauGB) 


bleibt den Eigentümern überlassen, soweit die zügige und zweckmäßige Durchführung gewährleistet ist.
Baumaßnahmen sind:

  1. die Modernisierung und Instandsetzung
  2. die Neubebauung und die Ersatzbauten
  3. die Errichtung und Änderung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen
  4. die Verlagerung oder Änderung von Betrieben.

Ausgleichsmaßnahmen auf fremden Grundstücken (§ 147 Satz 2 BauGB)

Werden naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen gem. § 9 Abs. 1a BauGB d.h. der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft erforderlich, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. 
Diese Maßnahmen, sowie die Bereitstellung von Ausgleichsflächen auf Fremdgrundstücken, gelten als Ordnungsmaßnahmen.

Ausgleichsmaßnahmen auf dem Eingriffsgrundstück (§ 148 Abs. 2 Satz2 BauGB)

Werden im Gegensatz zu § 147 Satz 2 BauGB naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen auf den Grundstücken durchgeführt, auf denen die Beeinträchtigung stattfindet, gelten diese Maßnahmen als Baumaßnahmen.

Die Darstellung und Erläuterung von Einzelfestlegungen wie

Kosten- und Finanzierungsübersicht

§ 149 BauGB

Kostenerstattungsbeträge

§ 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB

Ausgleichsbeträge (Ablösung vor Abschluß der Sanierung) 

§ 154 Abs. 3 Satz 2 BauGB

Ausgleichsbeträge (bzw. Anrechnungen) 

§ 155 BauGB

Kosten und Finanzierung der Sanierungsmaßnahme 

§ 156a BauGB

ist entbehrlich, da es sich hierbei um Abwicklungsdetails handelt, die in Abhängigkeit vom Umfang der Sanierungsmaßnahme beherrschbar sind und nur indirekt als "Hürden" bezeichnet werden können.

Zusammenfassend ist abschließend zu diesem Kapitel festzustellen, daß man auf dem Weg zur Baugenehmigung in einem Sanierungsgebiet nicht auf eine, sondern auf viele Hürden trifft, die bewältigt werden müssen, was eine besonders sorgfältige Vorbereitung erfordert.

Wenn Gemeinden das Instrument der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen richtig anwenden, können Altstadtbereiche wieder zu Schmuckstücken werden.

Die Stadt- und Dorfsanierung kostet viel öffentliches und auch privates Geld und erfordert große Anstrengungen aller Beteiligten, um die Sanierungsziele zu erreichen.

Autor
Erika Schindecker
Gesellschaft für Organisation, Vorbereitung und Betreuung von Bauobjekten mbH
Sendlinger Straße 21/VI, 80331 München, Telefon 089 - 260 35 66, Fax 089 - 260 78 81
E-Mail: info(at)baugenehmigung-muenchen(dot)info

Referenzprojekte

Betreuung des Baugenehmigungsverfahrens "Dritter Orden, Menzinger Straße in München"
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Projekt Luitpoldblock München
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Projekt V-Markt, München
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