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Wednesday, 27.03.2024

Restaurierung, Rekonstruktion und Erneuerung von historischen Fenstern in Denkmälern

Denkmalgeschützte Gebäude sind Zeugen der hohen künstlerischen Leistungen und handwerklichen Fertigkeiten früherer Baumeister. 
Der Umgang mit alter Bausubstanz erfordert daher ein besonders hohes Maß an Wissen, Engagement und Einfühlungsvermögen.
Die Fenster sind wesentliches Element für die Wirkung und das Erscheinungsbild eines Gebäudes, ja sie waren und sind weit mehr als nur Lichtquellen und bloße Öffnungen in der Fassade. Bei der Gestaltung des Fensters, seiner Teilung und Profilierung wurde stets darauf geachtet, daß es sich harmonisch in das Erscheinungsbild des Gebäudes integriert und dieses verstärkt.

Durch den Austausch von Fenstern kann das Erscheinungsbild eines Denkmals empfindlich gestört, ja mitunter sogar zerstört werden.

Die Untere Denkmalschutzbehörde der Landeshauptstadt München ist für den Vollzug zuständig und weist die Hauseigentümer und Immobilienverwalter darauf hin, daß jede Veränderung eines Baudenkmals - also eines in die Denkmalliste eingetragenen Anwesens - der Erlaubnis nach Art. 6 Bayer. Denkmalschutzgesetz bedarf, soweit die Maßnahme nicht baurechtlich genehmigungspflichtig ist.
Gleiches gilt für Gebäude, die zwar nicht selbst Baudenkmal sind, aber in einem Ensemble (umfassendstes Beispiel die "Münchner Altstadt") oder in der Nähe von Baudenkmälern stehen. Ob ein solcher Fall der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis gegeben ist, kann bei der Unteren Denkmalschutzbehörde jederzeit abgefragt werden. (Tel.Nrn. 233-23739, -24848, 22098, -22261, -25216, -22570, oder -23740).

Die denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht besteht damit auch bei der Erneuerung von Wohnungsfenstern, die ja in aller Regel für das Erscheinungsbild von Baudenkmälern von gestaltprägender Bedeutung sind. Ob möglicherweise schon nicht denkmalgerechte Fenster (z.B. ungeteilte Einscheibenfenster, Kunststofffenster) vorhanden sind, spielt insofern keine Rolle.
Vielen Hauseigentümern und Immobilienverwaltern sind die denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht und die denkmalpflegerischen Anforderungen insbesondere beim Austausch von Fenstern in Baudenkmälern durch ihre jahrelange Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt München bekannt, so daß hier kaum Probleme auftreten. Sorge macht der Landeshauptstadt München aber, daß in jüngster Zeit wiederholt Fälle auftreten, in denen speziell in Baudenkmälern ohne Erlaubnis Kunststofffenster eingebaut werden.

Frage:
München hat einen hohen Altbaubestand. Worauf haben die Eigentümer bei der Erneuerung von Fenstern zu achten?
Antwort:
Das Thema "Kunststofffenster in Baudenkmälern" war in den 1980er-, 1990er- Jahren eines der zentralen Themen der wissenschaftlichen Denkmalpflege, nachdem die industriellen Hersteller zunehmend auf den Markt drängten und die gestalterische Nachbildung originaler historischer Fenster anboten. Als Ergebnis der Untersuchungen und Überlegungen hat sich das Gebot der Materialgerechtigkeit herausgestellt, so daß die Erneuerung von Fenstern in einem Baudenkmal zunächst von der Materialwahl "Holz" auszugehen hat, wenn eine Reparatur von original vorhandenen Fenstern ausscheidet. 
Diese Beurteilung hat die Rechtsprechung bekräftigt. Wir verweisen dazu auf das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 06.11.1996, das in einem Münchner Fall ergangen ist. Das Urteil wurde letztlich auch durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.01.1998 und Entscheidung des Bayer. Verfassungsgerichtshofs vom 17.03.1999 bestätigt.

Frage:
In jüngster Zeit zeigt Ihre Verwaltungspraxis, daß vermehrt sogenannte "denkmalgerechte" Kunststofffenster ohne Erlaubnis oder Genehmigung eingebaut werden. Welche Ursachen begründet dieses Umdenken?
Antwort:
Derzeit vollzieht sich bei den Hauseigentümern und Hausverwaltungen ein Generationswechsel; somit geht das Basiswissen verloren. Das Umdenken zu beständigen edleren Materialien hatte sich als nachhaltige Investition über Generationen bewährt. 
Dass Kunststofffenster nicht reperaturfähig sind und im Durchschnitt nach 30 Jahren ausgewechselt werden müssen ist in Vergessenheit geraten. Die Oberfläche von Kunststofffenstern zeigt eine unnatürliche Glätte, sodaß Pflegemittel nicht ausreichen, den Witterungseinflüssen, Staub und Ruß auf Dauer entgegenzuwirken. Auch Kunststoff altert und wird spröde.

Frage:
Sind Kunststofffenster energiesparender durch die Kammern?
Antwort:
Nein. Die Wärmedurchgangsfaktoren und die Dichtigkeit haben den gleichen Wert.

Frage:
Welche Empfehlungen sprechen Sie aus, um unnötige verwaltungsrechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden?
Antwort:
An die höchstrichterliche Rechtsprechung ist die Untere Denkmalschutzbehörde in der täglichen Verwaltungspraxis gebunden; d.h., daß dem Einbau von Kunststofffenstern - seien sie auch noch so detailgetreu dem historischen Original nachgestaltet oder nur ein Ersatz von nicht denkmalgerechten Fenstern - nicht zugestimmt werden kann. 
Wir empfehlen die Auswechslung der Kunststofffenster in Holzfenster - der Freistaat Bayern und die kommunalen Gebietskörperschaften bezuschussen diese Maßnahme auch; alternativ erlassen wir eine Beseitigungsanordnung mit einer möglichen Übergangsfrist von maximal fünf Jahren mit einer Auflage zur Nachbesserung (z.B. verblenden oder vorsetzen, farblich behandeln etc.). Eine weitere Möglichkeit ist eine öffentlich- rechtliche Duldungsvereinbarung mit festgelegter Frist für den Rückbau und Zahlung einer Vertragsstrafe bei Verstoß gegen diese Festlegung. Die empfindlich hohen Geldbußen nach dem Denkmalschutzgesetz sollten nicht außer Acht gelassen werden. Abschließend empfehlen wir, die kompetente Beratung durch die Untere Denkmalschutzbehörde kostenfrei in Anspruch zu nehmen.

Autor
Erika Schindecker
Gesellschaft für Organisation, Vorbereitung und Betreuung von Bauobjekten mbH
Sendlinger Straße 21/VI, 80331 München, Telefon 089 - 260 35 66, Fax 089 - 260 78 81
E-Mail: info(at)baugenehmigung-muenchen(dot)info

Referenzprojekte

Betreuung des Baugenehmigungsverfahrens "Dritter Orden, Menzinger Straße in München"
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Projekt Luitpoldblock München
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Projekt V-Markt, München
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